Radulonectites laterestriatus (Philippi, 1899)
PHILIPPI, E. 1899. Über zwei neue Zweischaler-Arten von paläozoischem Habitus aus deutschem Muschelkalk. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, 51 (Verhandlungen der Gesellschaft): 62–67 [p. 65, text-figs. 3-6]
1899 Pecten (Streblopteria) laterestriatus Philippi, 1899
«In der Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin fanden sich unter der Etikette „Muschelsandstein. Am Wege von Orscholz nach Tunsdorf. (W. von Mettlach, Saargebiet) Beyrich leg, 1873." mehrere Stücke von petrefactenreichem Muschelsandstein, die augenscheinlich sämmtlich aus dem gleichen Block herausgeklopft sind. Wenigstens lässt der in allen Stücken übereinstimmende Erhaltungszustand der Fossilien darauf schliessen. Während nämlich bei den Dimyariem die Schale vollständig verschwunden ist, hat sie sich bei den Monomyariern zumeist als papierdünner Ueberzug des Steinkernes erhalten, der die Sculptur mit ausserordentlicher Schärfe hervortreten lässt. Neben zahlreichen Resten von Myophoria vulgaris v. SCHLOTH. sp., Pecten discites v. Schloth., P. Albertii GF., Lima lineata v. SCHLOTH. sp. u. A. fanden sich auf zwei verschiedenen Stücken eine rechte und eine linke Klappe, die wohl sicher derselben, bisher noch nicht bekannten Pectiniden-Art, wahrscheinlich sogar demselben Individuum angehören.
Die linke oder Oberklappe besitzt einen ziemlich regelmässig ovalen Umriss und ist mässig stark aufgewölbt; sie ist, ähnlich wie Limiden- Schalen, etwas nach vorn gebogen, so dass, fällt man im Wirbel auf dem Schlossrande ein Lot, der weitaus grössere Theil der Schale vor demselben zu liegen kommt. Beide Ohren sind nicht scharf vom Mitteltheil der Schale getrennt, besonders das hintere ist nur sehr undeutlich von ihm abgesetzt. Das vordere Ohr ist erheblich grösser als das hintere. In der Mitte ist die Schale bis auf die Anwachsstreifung glatt oder nahezu glatt, dagegen macht sich auf den Seiten und besonders auf der vorderen eine ziemlich deutliche Sculptur bemerkbar, die aus, wie mit der Nadel eingerissenen Radiallinien besteht und lebhaft an die Sculptur von Lima lineata v. SCHLOTH. sp. erinnert. Doch stehen diese Linien bei unserem Pectiniden sehr viel enger als dort. Die rechte Klappe, die leider nicht ganz vollständig erhalten ist, ist etwas flacher als die linke, dem grossen Vorderohr der letzteren entspricht ein gut ausgebildetes Byssusohr. Die Sculptur ist durchaus dieselbe wie in der linken Klappe. Die einzigen Arten des deutschen Muschelkalkes, mit der die neue Pectiniden-Form aus dem Saargebiet verglichen werden kann, sind die zu Pleuronectites gehörigen Typen: der bekannte Pecten laevigatus v. SCHLOTH., der besonders im oberen Muschelkalke verbreitet ist, und der ihm sehr nahe stehende Pecten Schmiederi GIEB. aus dem Schaumkalke von Lieskau. Bei beiden Arten ist die Oberschale stark gewölbt, die Unterschale dagegen flach, während bei unserer neuen Art die Unterschale nur wenig flacher ist als die massig gewölbte Oberschale. Ausserdem fehlt beiden Pleuronectites-Arten der deutschen Trias die eigentümliche Radialsculptur an den Seiten der Schale und die deutliche Verbiegung nach vorn. Speciell durch das letztgenannte Merkmal, aber auch durch die grössere Gleichklappigkeit und durch die Radialsculptur erinnert die neue Trias-Art lebhaft an untercarbonische Streblopteria-Typen. Ich möchte Pecten laterestriatus, wie ich die neue Art benenne, als einen sehr interessanten Uebergangstypus zwischen Streblopteria und Pleuronectites auffassen. An Streblopteria schliessen sie, wie schon gesagt, die Vorbiegung der Schale, die im Pectinidenstamme nur bei dieser Gattung vorkommt, und die Radialsculptur an, welche bei Pleuronectites unbekannt ist. Hingegen sind die vorderen Obren bei Pecten laterestriatus grösser als die hinteren, während bei Streblopteria das umgekehrte der Fall ist. Ausserdem ist der Byssusausschnitt, bei Streblopteria-Arten flach, bei dem neuen Pectiniden tief. Diese beiden Merkmale verbinden wiederum die Form mit Pleuronectites. Auch sind beide Schalen nicht mehr gleichklappig, wie bei Streblopteria, haben aber noch lange nicht die Ungleichklappigkeit erreicht, die sie bei Pleuronectites besitzen. Im Allgemeinen scheinen Streblopteria-Charaktere noch etwas vorzuwiegen, ich führe deswegen Pecten laterestriatus noch unter dieser subgenerischen Bezeichnung auf.
Das Vorkommen dieser beiden Arten beweist ebenso, wie die neuerdings besprochene Aviculolima, dass auch das Meer des deutschen Muschelkalkes nicht arm an paläozoischen Relikten war.» EMIL PHILIPPI, 1899
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