Pecten (Camptonectes) kalkowskyi Petrascheck, 1906
PETRASCHECK, W. 1906. Die Zone des Actinocamax plenus in der Kreide des östlichen Böhmen. Jahrbuch der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt, Wien, 55: 399-434, text-figs. 1-8, pl. 10. [p. 431, pl. 10, figs. 1-4]
«Pecten (Camptonectes) Kalkowskyi nov. spec.
Tafel X, Fig. 1—4. Daß der Pecten virgatus Nilss. eine ebenso verbreitete wie vielgestaltige Form ist, wurde durch die Untersuchungen Holzapfels ¹) und Hennigs ²) bekannt. Dem freundlichen Entgegenkommen Herrn Professor Dr. E. Kalkowskys verdankte ich die Möglichkeit, das ganze von Geinitz bei der Aufstellung seines Pecten curvatus benutzte Material untersuchen zu können. Ich kam dabei zur Ansicht, daß auch diese letztere Art in Pecten virgatus aufgeht, der somit in den oberturonen Ablagerungen Böhmens und Sachsens keine Seltenheit ist. Übrigens ist schon von Holzapfel die Art Geinitz' richtig beurteilt worden.
Unter dem mir von Zohsee vorliegenden Material befinden sich 20 Pectines, die ebenfalls dem P. virgatus nahe stehen, sich aber alle durch einige Merkmale auszeichnen, die mich doch veranlaßten, sie als eigene Art dem Pecten virgatus gegenüberzustellen. Die Exemplare fallen zunächst nur durch ihre Größe auf. Das größte Exemplar des P. virgatus, das Hennig vorlag, maß bei 15 mm Breite 17 mm Höhe. Die Abbildungen Geinitz' beziehen sich auf ausnahmsweise große Stücke. Unter unseren Stücken, die durchweg größer sind als der P. virgatus, befinden sich einige, die bei 30 und 33 mm Höhe eine Breite von 28, beziehungsweise 32 mm besitzen. Oft ist die Höhe der Breite gleich, der Umriß also ein kreisförmiger, die Schalen somit ein wenig breiter als bei P. virgatus Nilss. Die beiden Klappen sind ungleich wie bei der Art Schwedens und von Aachen. Der Byssusausschnitt ist tief, die feinen Zähne, die Hennig aus demselben beschrieb, sind auch hier vorhanden. Die beiden Schloßränder sind gleich lang und bilden einen Winkel von 100°, zuweilen auch 105°, während bei P. virgatus 90° die Regel ist. Die Zahl und Stärke der Hippen ist zwar ebenfalls schwankend, jedoch sind sie im allgemeinen beträchtlich zahlreicher und feiner als bei P. virgatus Nilss. Charakteristisch sind die zahlreichen Gabelungen nahe am Unterrande. Auf eine Eigentümlichkeit sowohl an den Exemplaren von Zohsee als auch an zahlreichen Stücken des Pecten virgatus von verschiedenen Lokalitäten Sachsens und Böhmens muß noch hingewiesen werden, weil sie phylogenetisch von Interesse und trotzihrer Verbreitung bei dieser Art noch nicht erwähnt wurde. Gerade bei den Pectines zeigen die dem Wirbel zunächst gelegenen ältesten Schalenteile oft einen anderen Bau. Ist es doch Jacksons Untersuchungen gelungen, hier auf das deutlichste an der Entwicklungsgeschichte des Individuums die Stammesverwandtschaft der Gattung zu verfolgen. Alle gut erhaltenen Exemplare des Pecten virgatus, die wir aus Böhmen und Sachsen untersuchen konnten, aber auch solche von anderen Fundorten zeigen nahe am Wirbel die scharf ausgeprägten konzentrischen Rippen einer Synklonema; dazwischen ist, allmählich kräftiger werdend, die Camptonectes-Skulptur vorhanden. Spätestens bei einer Schalengröße von 7 mm verschwindet die Synklonemaskulptur sehr rasch und die feinen gebogenen Rippen von Camptonedes bedecken allein die Schale. Ganz analoge Erscheinungen sind nicht selten bei rezenten Arten wahrnehmbar. Trefflich kennzeichnet Philippi ¹) ein solches Verhältnis vom Pecten tigrinus, indem er sagt, daß dessen Radialskulptur der Camptonectes-Skulptur gewissermaßen aufgepfropft sei. Habituell ähnelt unser Pecten sehr dem Pecten striato punctatus Röm. Er unterscheidet sich aber von dieser Art unter anderem durch das Fehlen der Anwachsstreifen, die den Furchen zwischen den Rippen dieser Art das charakteristische punktierte Aussehen verleiht. Auch der Pecten dichotomus Seguenzas ²) ist ihm nahe verwandt. Er stimmt mit unserer Art in den gleichen Größenverhältnissen und der feinen Skulptur überein, unterscheidet sich aber durch einen rechten Schloßkantenwinkel und durch die, wenn auch geringe Ungleichheit der Seiten. Durch beide Merkmale nähert er sich dem P. virgatus. In der Zersplitterung, die die bogenförmigen Rippen nahe dem Unterrande erfahren, steht der Pecten dichotomus zwischen unserer Art und dem Pecten virgatus.» ¹) Mollusken der Aachener Kreide (Paläontogr., Bd. 35), pag. 229, Taf. 26, Fig. 7—9.
²) Revision af Lamellibranchiaterma i Nilssons "Petrificata suceana formationis cretaceae" (Lunds Univ. Ars Skr., t. XXXIII, 1897, pag. 41, Taf. 2, Fig. 28 u. 33. ¹) Zur Stammesgeschichte der Pectiniden. Zeitschr. d. Deutschen geol. Ges., Bd. 52 (1900), pag. 91. ²) Studi geol. e. paleont. sul cretaceo medio dell Italia meridionale. Atti della r. accad. dei lincei III. Ser., Bd. 72 (1882), pag. 167, Taf. 15, Fig. 4. WILHELM PETRASCHECK, 1906
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W. Petrascheck, 1906, plate 10.
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