Pecten (Amussiopecten) dregeri von Teppner, 1918
TEPPNER, W. VON. 1918. Neue Amussiopecten aus steirischen Tertiärablagerungen. Nebst einigen geologischen Daten. I. Die fossilen Pecten-Reste. Jahrbuch der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt, Wien, 67: 481-501, pls. 20 (1)-22 (3), text-fig. 1-4. [p. 495, pl. 22 (3), figs. 2, 3; text fig. 4]
«Pecten (Amussiopecten) Dregeri n. sp.
Tafel XXII [III], Figur 2, 3 und Textfigur 4. Länge zirka 240 mm, Höhe zirka 220 mm.
Gehäuse im Verhältnis zur Größe dünnschalig, ungleichklappig, ungleichseitig, viel länger als hoch, vollkommen abgerundet, oval. Rechte Schale stark gewölbt, Wirbel stark eingekrümmt; zehn starke, am Wirbel gerundete, gegen den Rand zu immer stärker abgeplattete Rippen, die sich gegen den Rand sehr wenig verflachen; Rippen untereinander gleich breit (ausgenommen die erste und zehnte Rippe, die wenig schmäler sind), breiter als die Zwischenräume. Auf der Vorderseite drei, auf der Rückseite vier seitliche Rippen. Die ganze Schale mit sehr regelmäßigen, welligen, konzentrischen Anwachsstreifen bedeckt, die in den Zwischenfurchen sehr zart sind, auf den Rippen aber stärker hervortreten und manchmal ein schuppiges Aussehen derselben hervorrufen. Zirka 28 mm vom unteren Rande entfernt ist der erste von vier besonders stark hervortretenden Anwachsstreifen, die gegen den Schalenrand zu in ziemlich gleichen Abständen auftreten; dieselben geben der Schale ein eigenartiges Aussehen. In den Zwischenfurchen ist auch eine sehr unregelmäßige, zarte Radialstreifung wahrnehmbar. Außerdem aber ist in der Furche zwischen der vierten bis fünften, sechsten bis siebenten und neunten bis zehnten Rippe je ein deutliches, zartes Rippchen vorhanden; jenes zwischen der sechsten bis siebenten Rippe ist das kräftigste. Jenes Zwiscbenrippchen zwischen der vierten bis fünften und neunten bis zehnten Rippe liegt in der Mitte der Furche, jenes zwischen der sechsten bis siebenten Rippe mehr gegen die vordere, sechste Rippe zu. Ungefähr 75 mm unter dem Wirbel werden die Zwischenrippchen und die Radialstreifung sichtbar, um dann gegen den Rand zu stärker hervorzutreten. Die Radialstreifung ist auch auf den Rippen sehr unregelmäßig wahrnehmbar. Die Ohren sind sehr groß, ungleichseitig, fein wellig und annähernd vertikal gestreift; der Oberrand ist gerade. Das vordere Ohr zeigt auch eine zarte, schüttere Streifung parallel dem angrenzenden Schalenteile. Ein Byssusausschnitt ist nicht wahrnehmbar. Linke Schale schwach gewölbt, am Wirbel deutlich eingedrückt; elf starke, annähernd gleich breite Rippen, deren erste, zweite und zehnte, elfte, etwas schmäler sind; die sieben mittleren Rippen sind ungefähr gleich breit mit den Zwischenräumen. Auf den leicht erhöhten Seiten je ein Bündel von fünf zarten Rippen. Die ganze Schale von regelmäßigen, welligen, konzentrischen, feinen Anwachsstreifen bedeckt, schwächer und zarter wie auf der rechten Schale. Nur am unteren Schalenrand sind wieder wie auf der Unterschale (= rechte Schale) vier Anwachsstreifen in ungefähr gleichen Abständen besonders stark hervortretend. In der Furche zwischen der siebenten bis achten Rippe eine deutliche Zwischenrippe, stärker als jene auf der Vorderseite und gegen den Wirbel zu allmählich unsichtbar werdend. Die Radialskulptur ist auf den Rippen und in den Zwischenfurchen äußerst zart und unregelmäßig. Ohren sehr groß, ungleichseitig, fein wellig und annähernd vertikal gestreift. Der mir vorliegende Rest stammt von Ober-Täubling bei Marburg (Steinberg, rechtes Draunfer), wo er in einem Weingarten beim Umgraben gefunden wurde. Wie die beiden Abbildungen dieses Restes zeigen, ist er insofern stark beschädigt, als beide Schalen gegeneinander gepreßt wurden, was eine Verflachung der rechten und Einbiegung der linken Schale zur Folge hatte. Die punktierten Linien der Figur 4 sind die Rekonstruktionslinien, die vollausgezogenen Linien dagegen stellen den Umriß des vorliegenden Restes dar. Die Rekonstruktionslinien wurden auf Grund der aus dem vorliegenden Reste erkennbaren ursprünglichen Umrißformen und auf Grund des Vergleiches mit den verwandten Formen gezeichnet. Denn auch Pecten Dregeri mihi gehört in jenen Kreis von verwandten Formen, von dem ich Seite 489 und 495 gesprochen habe. Die Größenverhältnisse des Pecten Dregeri habe ich errechnet, indem ich die Ein-, bzw. Ausbuchtungen der Schalen in Abzug brachte; die Maße sind natürlich nur ungefähr augebbar. Den von mir angegebenen Giößenverhältnissen von zirka 240 mm Länge und zirka 220 mm Höhe stehen die Maße des verquetschten Restes mit 262 mm Länge und 239 mm Höhe gegenüber. Benannt habe ich den vorliegenden Rest dem Herrn Bergrate Dr. J. Dreger in tVien zu Ehren. Für einen Vergleich mit Pecten Dregeri kommen in erster Linie meine drei neuen Formen, Pecten Albinus, Kadici und Schwinneri, dann Pecten arboreanensis Ugolini (2), Lovisatoi Ugolini (2) und gigas Schlotheim in Betracht, während Pecten Fucinii Ugolini (2) und caralitanus Meneghini (9, 2 und 10) infolge ihrer größeren Rippenzahl ausscheiden; das gleiche gilt für Pecten burdigalensis und seine Varietäten. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß nicht alle genannten Formen zusammengehören, sondern es soll nur zum Ausdrucke gebracht werden, welche Formen innerhalb der Untergattung Amussiopecten sich wieder besonders nahe stehen. Ich habe bei Pecten Albinus, Kadici, Schwinneri und Dregeri auf gewisse Sekundärbildungen, auf ganz unregelmäßig auftretende Zwischenrippen hingewiesen. Auch Pecten caralitanus Meneghini (10 und 11) hat z. B. auf der linken Schale "Radialrippchen". Einzelne Arten zeigen keine, andere wieder Spuren oder eine regelmäßige Radialstreifung; sei es nun in den Zwischenfurchen oder auf den Rippen. Jedenfalls haben wir bei den Amussiopecten-Arten sehr merkwürdige und verschiedenartige Skulpturmerkmale und — sagen wir — Zeichen einer beginnenden oder abklingenden Sekundärbildung. Es dürfte bei weiteren phylogenetischen Untersuchungen in der Familie der Pectiniden nicht uninteressant sein, der Radialstreifung und den Sekundärbildungen, Zwischenrippen, ein besonderes Augenmerk zuzuwenden. Ich habe seinerzeit (3, Seite 30, 59) die Ansicht ausgesprochen, daß man bei künftigen phylogenetischen Untersuchungen wird erwägen müssen, ob sich nicht Oopecten und Amussiopecten von Flabellipecten herleiten lassen. Diese Zeilen und die Untersuchungen an den neu beschriebenen Arten haben mich in meiner diesbezüglichen Ansicht bestärkt. Der Ansicht Ugolinis (14, Seite 235), daß man Oopecten Sacco mit Amussiopecten Sacco vereinigen soll, kann ich nicht beistimmen; wenigstens dermalen nicht. Wenn mir ein -größeres Untersuchungsmaterial zur Verfügung stehen wird, werde ich dieser Frage nochmals näher treten.
Nun wollen wir Pecten Dregeri mit den vorgenannten verwandten Arten vergleichen. Pecten Albinus und Pecten Dregeri stehen sich in ihrem Umrisse recht nahe; Pecten Albinus hat jedoch auf der rechten und linken Schale je neun Hauptrippen, Pecten Dregeri dagegen auf der rechten Schale zehn, auf der linken elf. Jene des Pecten Dregeri sind viel breiter und tragen immerhin eine Radialstreifung. Pecten Dregeri hat auf beiden Schalen Zwischenrippen, Pecten Albinus viel zartere nur auf der rechten. Bei Pecten Dregeri ist die Radialstreifung in den Zwischenfurchen beider Schalen vorhanden, bei Pecten Albinus eigentlich nur in der Furche zwischen der vierten bis fünften Rippe feststellbar. Pecten Albinus hat auf beiden Schalen eine feine, konzentrische, wellige, regelmäßige Anwachsverzierung; die des Dregeri ist im Prinzipe die gleiche, jedoch auf der rechten Schale ist dieselbe in den Zwischenfurchen zart, auf den Rippen stärker und ruft hier ein schuppiges Aussehen hervor. Gegen den Rand zu hat dann Pecten Dregeri auf beiden Schalen die vier besonders stark hervortretenden Anwachsstreifen. Auch in der Art der Ausbildung der Seitenrippen besteht insofern ein Unterschied, als dieselben bei Pecten Dregeri "bündeiförmig" erscheinen. Die linke Schale des Pecten Dregeri ist am Wirbel viel stärker eingedrückt als jene des Pecten Albinus. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Arten besteht in der Form der Ohren. Jene des Pecten Dregeri sind mehr als dreimal so groß wie die des Pecten Albinus und sind im Gegensatze zu dessen gleichseitigen ziemlich ungleichseitig. Pecten Kadici unterscheidet sich von Pecten Dregeri durch den Umriß der Schale, denn Pecten Kadici ist viel länger als hoch, als dies bei Pecten Dregeri der Fall ist, durch die geringere Zahl der Rippen, denn Pecten Kadici hat auf jeder Schale nur neun Hauptrippen, durch eine stärkere Wölbung der linken Schale und das Fehlen des Eindruckes der linken Schale am Wirbel bei Pecten Kadici. Ferner bestehen Unterschiede in der Form und Größe der Rippen, der Radialskulptur und Anwachsstreifung. Auch die großen Ohren des Pecten Kadici werden von jenen des Pecten Dregeri um ein Bedeutendes in der Größe übertroffen. Pecten Schwinneri — von dem nur die rechte Schale bekannt ist — hat nur neun Rippen, die gegen den Rand immer mehr verflachen und an demselben fast ganz verwischt und doppelt so breit wie die Zwischenfurchen sind. Die zehn Rippen des Pecten Dregeri dagegen sind stärker, tragen eine Radialstreifung, verflachen kaum merklich gegen den Rand zu und sind nicht viel breiter als die Zwischenräume. Die Skulptur dieser beiden Arten ist sehr ähnlich; auch hat sowohl Pecten Schwinneri wie Pecten Dregeri auf der rechten Schale Radialrippchen. Hingegen hat Pecten Schwinneri die unregelmäßige, zarte Radialstrcifung nur manchmal in den Zwischenräumen zur Not noch erkennbar. Pecten Schwinneri zeigt auch den Seite 493 angeführten Abfall der Schale am unteren Rande, den ich nicht als Verbildung oder "als durch eine äußere Einwirkung hervorgerufen" ansehen möchte. Die Ohren von Pecten Dregeri und Pecten Schwinneri sind in Form und Umriß verschieden, jene des Pecten Dregeri bedeutend größer. Die nächste zu vergleichende Art ist Pecten arboreanensis Ugolini von welcher Art Ugolini (2, Seite 199) elf Hauptrippen auf der rechten und zehn auf der linken Schale angibt. Nach Ugolinis Abbildung (2, Tafel XII [III], Figur 4b) möchte ich aber auch auf der linken Schale elf Hauptrippen zählen, wenngleich die erste, zweite und elfte Rippe schmäler wären als die mittleren. Beide Arten, Pecten Dregeri und arboreanensis, unterscheiden sich durch die Zahl, Größe und Form der Rippen, die Skulptur, die sekundären Bildungen, die Form, Größe und Beschaffenheit der Ohren. Was den Pecten Lovisatoi Ugolini (2, Seite 197, 198, Tafel XI [II], Figur 5a, b) anbelangt, so gibt Ugolini auf jeder Schale zehn Hauptrippen an; ich kann jedoch nicht umhin, zu bemerken, ob es nicht besser wäre, wenn man auf jeder Schale elf Hauptrippen zählen würde. Wie dem auch sei: Lovisatoi und Pecten Dregeri lassen sich recht gut unterscheiden. Pecten Dregeri ist im stärkeren Maße länger als hoch wie Lovisatoi und Größe, Form der Rippen, Skulptur, Form und Größe der Ohren sind bei beiden Arten sehr verschieden. An Ugolinis Abbildung gemessen, hat sein Pecten Lovisatoi eine Länge von zirka 110 (115) mm und eine Höhe von 105 mm; das Verhältnis dieser Maße und jener bei Pecten Dregeri bedingen einen Unterschied im Umrisse der Schalen der beiden in Rede stehenden Arten. Endlich wäre noch Pecten gigas Schlotheim zum Vergleiche heranzuziehen. Pecten gigas hat auf der rechten Schale zirka zwölf, auf der linken elf Rippen, die auf beiden Schalen jederseits von seitlichen Rippen begleitet werden. Pecten Dregeri hat aber auf der rechten Schale nur zehn, auf der linken allerdings auch elf Rippen. Jedoch bestehen meiner Ansicht nach in bezug auf die Rippen, die Skulptur der Schalen, das Auftreten von Zwischenrippchen, die Zahl der Rippen, die Seitenrippen, die Ohren und den Umriß der Schalen so weitgehende Unterschiede, daß sich Pecten Dregeri mihi von Pecten gigas Schlotheim sehr wohl unterscheiden läßt.» WILFRIED VON TEPPNER, 1918
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W. von Teppner, 1918, plate 22.
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